Lobbyismus und Crowdfunding – ein Dreamteam?

Eine gute Frage. Denn dabei geht es im Kern bei welobby. Warum wir aktuell hinter die Antwort ein Fragezeichen und kein Ausrufezeichen setzen können, erfahrt ihr hier.

Ein neuer Blogbeitrag für demokratie.io steht an. Stets beliebter Aufhänger: Was passiert gerade bei euch, was habt ihr erlebt, was beschäftigt euch? Nun, ich zögere ein wenig und muss nachdenken. Denn zurzeit überschlagen sich nicht gerade die erfolgreichen Momente. Es läuft nicht alles so wie geplant. Ein Gespräch mit dem Team von demokratie.io zeigt aber auch: Na und? Es geht nicht darum, nur die Sonnenseiten der Projekte rund um die digitale Demokratie zu zeigen. Wir sind ein soziales Startup, und genauso wie in der Welt der kommerziellen Startups läuft nicht immer alles nach Businessplan. Und sowieso, Scheitern als Chance, Hashtags failosophy, failfast und so. Also dann – wie ist der status quo?

Als sich vor einigen Monaten zwei Frauen aus Hamburg mit dem Vorschlag „Mehrwertsteuer auf Tampons & Co. von 19 auf 7 Prozent reduzieren!“ bei welobby meldeten, dachte ich: Aber gerne! Das Thema war aktuell, lief in vielen Medien, und die beiden Frauen hatten zuvor eine Petition auf change.org gestartet, die von fast 200.000 Menschen unterschrieben wurde. Wenn von diesen ganzen Unterstützern nur jeder Zehnte einen Euro gibt, dann ist das Geld da und wir können mit der politischen Arbeit noch im Sommer 2019 beginnen. Wir beauftragten eine Agentur, die die Social Media-Arbeit übernahm, legten Werbe-Budgets für Facebook fest und ich dachte mir noch: Wozu eigentlich Geld für Facebook-Werbung? Das Thema ist ein absoluter Selbstläufer!

Das Ergebnis zum Ende der Crowdfunding-Zeit: Von den 20.000 Euro, die mein Team für die Lobbyarbeit von etwa 12 Monaten gebraucht hätte, konnten wir nur etwa 1/3 einsammeln. Leichte Katerstimmung machte sich breit. Wie konnte das sein? Lag es am Thema? Lag es an fehlender Aufmerksamkeit? Lag es an uns oder der Schwierigkeit vieler Menschen mit den Begriff „Lobbyismus“?

Das Thema war aus Kampagnensicht eigentlich dankbar. Viele verstehen es sofort. Es lässt sich auch auf Social Media leicht visualisieren. Hummer links, Tampon rechts, links eine 7, rechts eine 19. Vielleicht fingen die Schwierigkeiten aber an der Stelle auch schon an. Likes haben wir viele gesammelt auf Facebook und Instagram. Aber war den Menschen klar, dass wir nicht Likes sammeln wollten? Sondern dass wir „conversion“ brauchten, also auf den Link klicken, zu unserer Seite gelangen, einen kleinen Geldbetrag hinterlassen? Im Netz ist die Aufmerksamkeitsspanne bekanntlich kurz (Glückwunsch übrigens, wer den Text schon bis hierhin gelesen hat!), längere Erklärungen sind schwierig, denn das nächste spannende Bildchen lauert schon in 3, 2, 1….

Und ja, viele kannten das Thema. Vielleicht war es Vielen aber auch schon wieder zu viel. Denn wenige Woche vor dem Start unserer Crowdfunding-Kampagne endete eine weitere Petition, diesmal eine offizielle vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags. Sie wurde von Charlotte Roche, Lena Meyer-Landrut und zahlreichen anderen Influencern intensiv beworben und hatte kurz vor Ziel eine wichtige Schwelle geknackt – die Petition wird nun bald offiziell im Petitionsausschuss des Bundestags diskutiert. Vielleicht haben sich einige User mindestens unbewusst gefragt: Wozu jetzt noch diese welobby-Kampagne, läuft doch alles? Tut es zwar nicht, aber nicht jeder ist Politprofi genug, um das zu wissen.

Und schließlich: Vielleicht haben Menschen auch mit dem, was wir tun, ein größeres Problem als wir dachten. Mit Lobbyismus. Mein Google Alert zum Thema Lobbyismus spülte mir jedenfalls Anfang August mal wieder einen interessanten Beitrag ins Mail-Postfach, Überschrift: „Lobbyismus hat einen schlechten Ruf“. Knapp 78% der Befragten bewerten den Einfluss von Lobbyismus auf die Politik als (eher) negativ. Nur 3% glauben, dass von Lobbyismus auch die Bürger profitieren. Es scheint kein leichter Weg für uns zu sein, den Menschen zu zeigen, dass Lobbyismus zu einer Demokratie dazugehört – und dass auch Bürgerinnen und Bürger davon profitieren können. Nach unseren nächsten Kampagnen wissen wir mehr.