Wir lernen von unseren Nutzerinnen

Was bisher geschah: Wer unseren letzten Blogpost gelesen hat, weiß bereits: Wir wollen, dass NGOs in Deutschland mithilfe unseres Kampagnentools das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nutzen, um zu ihren Themen relevante Daten aus den Behördenschränken zu befreien.

In der Vergangenheit haben wir selbst Kampagnen umgesetzt. Wir wissen von der Wirkmacht und können aus unseren Erfahrungen lernen. Der Prozess für Kampagnen nach Entwicklung einer Idee lief bisher in etwa wie folgt ab:

  • Recherche der zuständigen Behörden
  • Testanfragen, um festzustellen, dass einzelne Anfragen a) erfolgreich sind und b) kostenlos
  • Erstellung einer CSV-Datei mit allen zuständigen Behörden und Dokumenten (abhängig vom Use Case)
  • Einspielung der CSV-Datei in das FdS-Backend
  • Entwicklung eines generischen Anfragetextes für alle Anfragen
  • Entwicklung einer Kampagnen-Seite, die Hintergrund und Ziel der Kampagne erklärt

Der für uns natürlichste nächste Schritt wäre gewesen, unsere bisherigen Kampagnen zu vergleichen und zu versuchen, diese zu generalisieren, um verschiedene Kampagnen-Typen zu entwickeln. So könnten Nutzer auf FragDenStaat einen Kampagnen-Typ über ein Widget auswählen und so ihre eigene Kampagnen erstellen. Für uns total hilfreich, aber wie für jedes Software-Team gilt auch für uns: You’re not the user. Wir haben ein anderes Vorwissen, andere Erfahrungen und Use Cases.

User Research

Vor der Recherche, ob eine Generalisierung möglich ist, mussten wir also zuerst herausfinden, ob diese überhaupt sinnvoll ist – also unsere Zielgruppe dieses Tool braucht. Daher haben wir Vertreter aus NGOs gefragt, was sie über das Informationsfreiheitsgesetz wissen, ob sie in ihrer Arbeit mit Behörden in Kontakt kommen, welche Dokumente sie bei ihrer Arbeit unterstützen können und ob sie schonmal selbst eine Excel-Datei erstellt haben.

In den Gesprächen wurde deutlich, dass auch zehn Jahre nach Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes auf Bundesebene nur wenige Menschen aus der Zivilgesellschaft von der Möglichkeit, Dokumente bei Behörden anzufragen, wissen. Ihnen fehlt also die Grundlage, um überhaupt auf die Idee zu kommen, Anfragen zu stellen.

Das ist ein grundsätzliches Problem: Wenn schon zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Auskunftsrechte nicht nutzen, dann ist es unwahrscheinlich, dass die breite Bevölkerung es tut. Demokratische Rechte müssen genutzt werden, wenn sie gestärkt werden sollen.

Wir kommen nicht drumherum zunächst das notwendige Hintergrundwissen aufzubauen – zu erklären, was das IFG ist, welche Dokumente angefragt werden und wie NGOs diese nutzen können. Anstelle des Widgets zur Kampagnen-Erstellung, dessen Entwicklung bedeutet hätte, dass wir weniger beraten müssen, werden wir einen leichteren Einstieg wählen: Zunächst werden wir auf einem One-Pager für NGOs das notwendige Hintergrundwissen vermitteln und damit die Hemmschwelle, mit uns in Kontakt zu treten über ein einfaches Kontaktformular senken.

 

Foto: Leo Hidalgo</a>, Lizenz: CC BY-NC 2.0